Samstag, 14. Dezember 2013

Was passiert mit Pingu?

Ronna ist bester Laune, als wir in Medan ankommen. Ihre Schwiegermutter aus Deutschland hat ihr versprochen, Geld zu ueberweisen, um endlich ihren Kredit ausloesen zu koennen. Ist das Geld bis Ende Dezember nicht da, wird das Land ihrer Familie versteigert, das sie verpfaendet hat. Ihre 7 Geschwister wuerden das nicht besonders schaetzen und sie womoeglich aus der Familie verstossen, was so ziemlich das schlimmste ist, was einem Indonesier passieren kann. Nach meinem Telefonat vom letzten Mal hat sie also noch einen Brief geschrieben und beim Uebersetzer auf Deutsch uebersetzen lassen und uebers Konsulat den Schwiegereltern geschickt. Das Geld ist zwar immer noch nicht auf dem Konto, aber sie ist guter Dinge.

Wir beziehen das groesste Zimmer und lernen am Abend Joachim 'sugar' Sucker aus Berlin kennen. Er haette gerne eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung in Indonesien, hat einen totsicheren Plan. Dazu muss er einfach nur eine Firma gruenden mit 35% indonesischer Beteiligung. Mit dem Auto glaubt er auch, uns helfen zu koennen, schliesslich kennt er den Gouverneur von Nord-Sumatra persoenlich. Wir wollen es aber doch erst mal beim Zoll versuchen und machen uns am Morgen auf den Weg zum Hafen. Ronna hatte schon gute Nachrichten, das Geld ist angekommen, 10.000 Euro, genug, um ihren Kredit abzubezahlen.

Unterwegs nach Belawan faellt uns auf, dass jemand mit einem Messer in die LKW-Plane unseres Koffers geschnitten hat. Der Schnitt ist tief und geht einmal fast ganz durch unser fast neues Quechua-Zelt, welches wir vor unserer Abreise gekauft hatten. Man lernt beim Reisen, dass materielle Dinge nicht wirklich wichtig sind, Feni kann vielleicht den restlichen Stoff noch irgendwie verwerten, was solls! Vascos Billigzelt aus dem Iran ist zum Glueck noch ganz, sonst haette es wieder Traenen gegeben. Kindern kann man die gleichgueltige Einstellung zu materiellen Dingen eben noch schwer vermitteln...

Beim Zoll das endgueltige Aus unseres grossartigen Plans, das Auto zu verschenken. Wir werden in ein Buero gebeten und nach unserem Anliegen gefragt. An der Wand haengen Plakate der neuen Offensive gegen Korruption- soso. Wir unterhalten uns fast 2 Stunden mit einem Beamten, der uns mit ungeheuerer Geduld versucht, den komplexen Sachverhalt zu erklaeren. Er wuerde uns mal wieder gerne helfen, aber das Problem liegt gar nicht beim Zoll. In Indonesien gibt es offenbar keine Importgenehmigung fuer gebrauchte PKW. Wohl ist es in Ausnahmefaellen moeglich, dann aber nur mit einer Sondergenehmigung des Handelsministeriums in Jakarta. Diese Sondergenehmigung bekommen z.B. Hilfsorganisationen, aber dann meistens gleich fuer 20 bis 30 Fahrzeuge. Und wir duerfen natuerlich wie schon in Banda gehoert, nicht an eine Privatperson verschenken. Sollten wir also die Sondergenehmigung wider Erwarten bekommen, dann kann uns der Zoll die Verbleibsbescheinigung unterschreiben- man weiss zwar nicht genau, wozu das gut sein soll, aber wenn wir Wert drauf legen, ok..

So, jetzt muessten wir also erst mit dem Auto nach Jakarta und dort das Handelsministerium bestechen und anschliessend den Zoll in Medan und womoeglich auch noch die Polizei in Banda Aceh fuer eine ordnungsgemaesse Zulassung. Einfacher ist es an diesem Punkt die Flinte ins Korn zu werfen und den Ruecktransport nach Hamburg zu organisieren. Uns bleibt noch Sugar und sein Gouverneur, der letzte Strohhalm, an den wir nicht wirklich glauben. Es ist nicht schoen, wenn die Plaene, die man macht, sich einfach nicht realisieren lassen, aus welchen Gruenden auch immer. Aber es gibt auch schlimmeres: David und Regina, die wir in Goa getroffen hatten (bluffgoesbluff.jimdo.com) sitzen mit Getriebeschaden in Laos und warten auf Ersatz aus Deutschland.

Wir sitzen mit Sugar noch etwas draussen und unterhalten uns ueber so dies und jenes Unverstaendliche in diesem Land. Sugar, der vor einiger Zeit ein Hotel in Medan geleitet hat, sagt, es gaebe hier z.B. auch kein Grundbuchamt, und so kommt es schon vor, dass ein und dasselbe Haus von 3 Parteien beansprucht wird, da jede Partei einen echten oder gefaelschten Kaufvertrag hat.

Ueber unsere Koepfe rauschen ein Dutzend Kampfjets, der alte Flughafen wird offensichtlich nun vom Militaer genutzt. Ronna meint, sie bringen Hilfslieferungen zum Sinabung, der noch immer Asche spuckt. Viele Doerfer mussten bereits evakuiert werden. Sie sind also in ziviler Mission unterwegs, wir merken keinen Unterschied zum Krieg. Als noch der Nachbar seinen grossen Generator anwirft -mal wieder Stromausfall- ist die Geraeuschkulisse perfekt und jede weitere Unterhaltung zwecklos.

Wir bleiben noch einen Tag in Medan, vor allem um uns nach dem Weg nach Tangkahan zu erkundigen. Unser naechstes Ziel liegt am oestlichen Rand des Gunung Leuser Nationalparks und ist weder auf unserer Strassenkarte noch in Google Maps vorhanden. Wir werden uns durchfragen muessen. Immerhin wissen wir jetzt ungefaehr, wo sich die Abzweigung von der Hauptstrasse befindet. Als wir schliesslich startklar sind, moechte Ronna auf gar keinen Fall, dass wir etwas fuer das Zimmer bezahlen, auch fuer Essen und Trinken will sie kein Geld annehmen. Ich erinnere sie daran, dass zwar der Kredit abbezahlt ist, die Miete fuer das Guesthouse aber auch noch bezahlt werden muss. Sie meint, wir waeren Schwestern und daher ginge das nicht. Schnell, bevor sie sich wehren kann, hole ich eine grosse Packung Aceh-Kaffee aus dem Auto und schenke sie meiner Schwester.

Danke Ronna, wir kommen wieder, sicher im April!


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