Die Strasse ist gut aber stark befahren, der ganze Schwertransport von Medan nach Jakarta rollt ueber diese Route. Fast unfassbar auch, dass wir 2 Tage von frueh morgends bis Sonnenuntergang nichts anderes sehen als Oelpalmen. Das Resultat einer verfehlten Biospritpolitik nicht zuletzt auch durch die Beimischungsgesetze der EU. Auf halber Strecke sehen wir 2 Radfahrer mit Gepaeck. Sie fahren statt 2 Tagen mindestens eine Woche durch die Monokultur.
Es ist mal wieder dunkel als wir in Pekanbaru ankommen, das letzte Stueck vorbei an riesigen Oelfeldern in Duri und Minas, Chevron ist hier dick im Geschaeft. Neben den Oelpalmen verlaufen jetzt Pipelines am Rand der Strasse. Dass nicht viel vom Oelgeld bei der einheimischen Bevoelkerung ankommt, ist vor allem dem verbrecherischen Ex-Praesidenten Soeharto zu verdanken, der saemtliche Schuerf-und Fischereirechte den Amerikanern fuer unbestimmte Zeit verkauft hat. Die Summe dafuer von 17 Milliarden US $ landete auf einem schweizer Nummernkonto des Familienclans.
Bevor die Amerikaner also hier in den 40er Jahren die erste Oelquelle entdeckten, war Pekanbaru ein kleiner Hafenort am Sungai Siak, heute ist es eine schnell wachsende, moderne Stadt mit ca. 1 Mio. Einwohner. Teuere Hotels und Shopping Malls gehoeren zum Stadtbild und seit einer grossen nationalen Sportveranstaltung im letzten Jahr auch 4 nagelneue Stadien. Welch Kontrast zu Sidihoni!
Christine, die ich vor 8 Jahren auf einem Pelni-Schiff kennengelernt hatte, hat ihr Haus um 2 Raeume und einen kleinen Laden erweitert und ihre Familie deutlich vergroessert. Das juengste Mitglied Marcello ist gerade mal 3 Wochen alt. Ausserdem hat sie die Kinder ihrer Schwester aufgenommen, Joseph und Viola. Deren Vater sitzt fuer 6 Jahre im Gefaengnis wegen dem Besitz einer kleinen Menge Ganjah (soll fuer all diejenigen als Warnung dienen, die noch der Meinung waren, der Besitz von Ganjah wuerde hier als 'Kavaliersdelikt' angesehen und mehr oder weniger toleriert). Die Mutter ist unauffindbar, man munkelt mit ihrem neuen Freund und schwanger nach Jakarta durchgebrannt.
So sind wir nun 7 Kinder im Haus, ihr koennt euch sicher vorstellen, dass wir keine Langeweile haben! Messaq und Sima streiten staendig, was jedes Mal im Geschrei endet. Christine und Emsir sind Christen und so koennen wir immerhin am Abend ein Bierchen trinken, wenn die Kinderschar endlich schlaeft.
Dabei schlaegt Christine vor, wir koennten doch Sima's Geburtstag feiern mit - so sagen wir mal 30 Kindern! Wir haben ein bisschen ein schlechtes Gewissen Vasco gegenueber, der ohne weitere Kinder im Iran gefeiert hat und das Jahr zuvor gerade mal 4 Kinder einladen durfte, wovon 2 abgesagt haben. Fuer naechstes Jahr versprechen wir ihm eine ganz grosse Party. Naja, 30 Kinder sind in Deutschland schwer aufzutreiben, das wird eine Herausforderung! Wir fahren zusammen zum Grossmarkt und kaufen alles noetige, Einladungskarten, Luftballons, Geschenktueten mit Suessigkeiten. Auf dem Heimweg bestellen wir eine Geburtstagstorte. Dieser Service ist hier ueblich und gar nicht so teuer, man bekommt die Torte zum bestellten Termin mit Namen und der passenden Kerze dazu.
Unterdessen finden wir in der Stadt sogar einen VW-Service und lassen endlich unsere Schaltung in Ordnung bringen. Die Gummikugel hat sich jetzt komplett aufgeloest. Sie wird durch ein selbstgeschnitztes Teil aus einem alten Reifen ersetzt. Passt und funktionniert einwandfrei, die Maedels aus dem Buero posieren vor unserem Bus zur Fotosession. Dann machen wir uns weiter auf die Suche nach einer wasserdichten Kamera. In Banda Aceh hatten wir noch gezoegert, aber nach den Testberichten klingt die Nikon Coolpix AW110 doch ganz sinnvoll, bis 18m wasserdicht und aus 1, 50m Fallhoehe unkaputtbar, Sima hat noch keinen Meter, wichtiges Kriterium...hat jemand vielleicht schon Erfahrung mit Outdoorkameras? Wir haben sie am Ende doch nicht gekauft, da man uns nach mehrmaligem Nachfragen erst von mir, dann von Patrice und noch von Emsir, keinen Discount einraeumen wollte.
Einen Tag vor der Party liegt Vasco mit Fieber im Bett, das hat er wohl von Messaq, den es einige Tage zuvor erwischt hatte. Christine verteilt die Einladungen mit dem Roller, als sie zurueckkommt, meint sie, jetzt seien einige enttaeuscht, weil sie nicht eingeladen sind. 30 sind einfach zu wenig! Dann kann es losgehen, die Wohnung ist geschmueckt, die Moebel sind draussen, statt dessen werden Matten auf dem Boden ausgelegt. Emsir ist der DJ und legt eine Karaoke-Kindergeburtstags-DVD auf.
Die ersten Gaeste sind da und Sima kommt kaum nach mit dem Geschenke auspacken, 2 Handys, eine Barbiepuppe, die Geige spielt, eine Maltafel und oh weh, ein rosa 'Hello Kitty' Handtaeschchen. Ich ueberlege nur ganz kurz, ob man sie vielleicht in der Waschmaschine umfaerben koennte, zwecklos. Sie hat sie bereits ins Herz geschlossen und geht nirgendwo mehr hin ohne ihre 'Tasche'. Nach dem zeremoniellen Anschnitt der Torte, werden erst die Eltern und der Bruder gefuettert und dann darf jeder dem Geburtstagskind einen Loeffel geben. Dann muss Sima jedem anwesenden Kind ein Stueck Kuchen und eine Geschenktuete verteilen und natuerlich die Glueckwuensche entgegennehmen. Christine kocht noch eine grosse Pfanne mit Mie mit Wuerstchen fuer alle, und bemerkt sicherheitshalber, dass alles halal ist. Normalerweise essen Muslime nichts bei Christen, da sie nicht sicher wissen, ob die strengen Regeln eingehalten wurden. Heute sind alle Religionsgruppen anwesend: Christen, Muslime und sogar Chinesen.
Der Tag des Abschieds ist gekommen, wir stehen mit dem Rest der Familie um 6 Uhr auf und sogar die Kinder sind wach, um sich zu verabschieden. Eine knappe Stunde spaeter halten wir vor der Pforte von Chevron Indonesia in Minas. Wir sehen die Chancen gegen Null gehen, dass man uns hier Eintritt gewaehrt, aber Fragen kostet schliesslich nichts. An der Pforte weist man uns darauf hin, dass wir nicht berechtigt sind, diese zu passieren. Schon klar, aber wir wollten mal fragen, ob man das Oelfeld auch besichtigen kann. Der Mann schickt uns zu einem kleinen Buerogebaeude ein paar Hundert Meter vor der Pforte. Dort ist es angenehm klimatisiert und eine aeltere Frau im Business-Outfit fragt nach meinem Anliegen. Es ist Lena, die Public Relations Managerin. Nun ja, wir wuerden gerne das Oelfeld besichtigen, da wir aus Deutschland kommen und es dort nicht viele Oelfelder gibt. Klingt soweit ja plausibel. Zudem bekunde ich mein besonderes Interesse wegen meinem frueheren Studium als Chemieingenieur, was 100% der Wahrheit entspricht.
In 1 bis 2 Tagen koennte sie solch eine Besichtigung fuer uns organisieren. Schon mal mehr als wir je erwartet haben, aber 2 Tage in Minas bleiben? Ich frage, ob nicht eine kurze Besichtigung heute moeglich waere. Sie bittet mich in einen Besprechungsraum, in der 5 Maenner sitzen, unter anderem ihr Chef, ein Chinese, der einen Sohn hat, der in Berlin studiert. Alle sprechen perfekt Englisch und man schlaegt vor, dass Lena mit uns durchs Werksgelaende fahren soll, bis zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man das Oelfeld ueberblicken kann. Aber fotografieren ist natuerlich nicht erlaubt, das verstehen wir sicher. Wie einfach war das denn jetzt? Ich fasse es kaum und versuche, die Begeisterung etwas zu unterdruecken.
Schon nimmt Lena auf dem Beifahrersitz Platz, ein Mann bringt uns 4 Flaschen Wasser. Alle stehen neben Pingu und sind begeistert von unserer grossen Reise. Lena arbeitet seit 30 Jahren hier, das Oelfeld gibt es schon seit 70 Jahren. Das Gelaende ist riesig, wir fahren vorbei an einem Kraftwerk, an einigen Probebohrungen und erreichen schliesslich die Aussichtsplatform. Die eigentlichen Bohrungen sind heutzutage eher unscheinbar, da sich die Pumpe unter der Erde befindet, wie man uns erklaert. Man sieht nur ein Rohr, das in der Erde verschwindet. Drumherum ist ein Zaun mit dem Hinweis 'Achtung Hochspannung'. Das Oel befindet sich hier in 1 bis 2 Kilometern Tiefe und da das Oelfeld schon recht alt ist, wird eine Seifenloesung nach unten gepumpt, um das restliche Oel leichter foerdern zu koennen. Alles, was ueber der Erde zu sehen ist, dient zur Trennung des Oels vom Gasanteil und von der Seifenlauge. Oben auf dem Berg befinden sich die Tanks fuer das Rohoel, das spaeter ueber eine Pipeline direkt auf die Tankschiffe im Hafen von Dumai geladen wird.
Nachdem wir uns fuer die unerwartete Werksbesichtigung bedankt haben fahren wir ein paar Kilometer weiter zur ersten Oelquelle in der Region, sie ist seit 2007 stillgelegt und foerderte seit 1944 4,5 Millarden Barrel. Hier duerfen wir soviele Fotos machen, wie wir wollen.